Rind und Wir - August 2023

Abbildung: TBS-Rechner als Excel-Matrix RINDUNDWIR August 2023 64 ANTIBIOTIKAEINSPARUNG IN DER MILCHVIEHHALTUNG Das VerLak-Projekt Anfang der 1970er Jahre, mit Beginn der künstlichen Besamung bei Milchkühen, wurde der Grenzwert für eine optimale Zwischenkalbezeit von 365 Tagen festgelegt. An dieser Zielstellung wurde trotz deutlich gestiegener Milchleistung bis heute nur wenig geändert. Die Milchleistung je Kuh beträgt dann zum Trockenstellzeitpunkt oft noch 30 kg oder mehr Milch am Tag. Das Leistungspotenzial der heutigen Kühe wird häufig nicht ausgenutzt. Stattdessen riskiert die veraltete Beratungsempfehlung den Abgang des Tieres durch häufiges Kalben bzw. zu viele Besamungen. Jedes Trockenstellen und jeder Start einer Laktation sind gesundheitlich heikel, begünstigen hohe Antibiotikaverbräuche und gefährden hohe Lebensleistungen. Das VerLak Projekt Auf Basis dieses Wissens startete am 01.01.2021 mit Förderung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) das Modell- und Demonstrationsvorhaben „VerLak“ mit dem Ziel, durch eine Kombination zweier innovativer Managementverfahren eine Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Milchviehhaltung zu erreichen. Diese umfassen die Verlängerung der Laktationsperiode und das betriebsspezifische selektive Trockenstellen. Die Verlängerung der Laktationsdauer führt zu weniger Geburten pro Kuh und Betrieb und soll zur Verringerung der kritischen Phasen (Kalbung und 1. Laktationsmonat) mit höherem Erkrankungsrisiko sowie zu einer geringeren Milchleistung zum Trockenstellen beitragen. Damit verringern sich automatisch die Anzahl der Trockenstehperioden in der Gesamtnutzungsdauer je Kuh und somit auch die Maßnahmen (Mastitis-Prophylaxe) zum Trockenstellen. Es wurden 12 Betriebe, u.a. 6 Testherden, für das Projekt akquiriert. Individuelle Entscheidung Wenn die Voraussetzungen auf dem Betrieb gegeben sind und die verlängerte Laktation zu den Kühen passt, muss stets tierindividuell entschieden werden, wann der optimale Zeitpunkt für die Besamung ist. Kühen mit hohen Laktationsleistungen kann eine längere freiwillige Wartezeit gewährt werden. Entscheidungshilfen Im Projekt wurden auf der Basis der Individualität der Betriebe spezifische Schemata zur Umsetzung des selektiven Trockenstellens erarbeitet. Ausgangspunkt war der tierindividuelle Besamungsstart (TBS), in Abhängigkeit von der Milchleistung (als Durchschnitt der letzten sieben Tage), dem aktuellen Laktationstag zur Brunst und der Laktation des Tieres (Abbildung). TBS-Rechner Die für das Projekt entwickelten Gleichungen ermöglichen dem TBS-Rechner eine Prognose zum Verlauf der Laktationskurve einer jeden Kuh. Aufgrund der höheren Persistenz bei Jungkühen wird hier gesondert gerechnet, sodass ihnen mehr Wartezeit eingeräumt wird als den Altkühen. Im Zentrum der Matrix (Abbildung) befinden sich demnach zwei Tabellen, getrennt für jede der Laktationsklassen. Nach Eingabe der 7-Tage-Milchleistung und des aktuellen Laktationstages wird eine Empfehlung für die erste Besamung (TBS) ausgegeben. Zudem erscheint ein geschätztes Intervall für die zu erwartende verlängerte Zwischenkalbezeit. Dank dieser Berechnungen kann der Antibiotikaeinsatz – aufgrund einer Verlängerung der Laktation in Kombination mit dem selektiven Trockenstellen und einer optimalen Fütterung – gesenkt werden.

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