Rind und Wir - April 2023

Teterow. Zuvorderst sicherte er den Landwirten generell faire Aufkaufpreise zu: „Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, jedem Landwirt hier ein vernünftiges Angebot für sein Vieh zu machen, so dass keine Notwendigkeit besteht, die Tiere lang zu transportieren.“ Darüber hinaus betonte er aber auch, dass für spezielle Absatzschienen besondere Fleischqualitäten (z. B. hohe Marmorierung) nachgefragt werden. So werden wöchentlich etwa 100 Schlachtkörper von „fetten alten Kühen“ selektiert, für die es spezielle Kunden in Spanien gibt. Um die Bereitstellung solcher aufgemästeten Kühe zu forcieren, plant der Schlachthof eine unaufgeforderte Nachzahlung auf solche Tiere an den Landwirt. Ein derzeit noch zu lösendes Problem für den Schlachthof ist, dass erst nach der Selektion im ausgekühlten Zustand erkennbar ist, welcheTeilstücke besonders marmoriert und somit für die lukrative Vermarktung geeignet sind. Hier sucht auch der Schlachthof noch nach Möglichkeiten einer Wertbestimmung vor oder direkt nach der Schlachtung. DasThema Fleischqualität wird uns also perspektivisch weiter begleiten. Züchterisch können die SNP-Typisierung und bestimmte Gene, die mit der Fleischzartheit und/oder -marmorierung im Zusammenhang stehen, Möglichkeiten einer gezielten Beeinflussung eröffnen. Hier gibt es weiteren Forschungsbedarf. Letzen Endes steht immer und vor allem auch die Frage der Wirtschaftlichkeit und der Bezahlung, sind doch besser marmorierte Schlachtkörper häufig auch mit einer höheren Fettauflage gekoppelt. Volle Konzentration auf Fleischrinderhaltung, Zucht und Mast So erläuterte Thomas Hopp, Geschäftsführer der Kirch-Mulsower Agrar GmbH, sein Betriebsmanagement und gab bei der nachmittäglichen Besichtigung praktische Einblicke dazu. Der Betrieb, der zusammen mit der Ravensberger Agrar GmbH und der Mulsower Biolandbau GmbH einem Betriebsverbund angehört, hält seit den frühen 90ern Charolais-Mutterkühe, die er seitdem auch züchterisch bearbeitet. Frühzeitig wurden die Vorteile der Hornlosigkeit erkannt und umgesetzt. Mit der Investition in leistungsstarke skandinavische Genetik war Thomas Hopp Vorreiter in der Zucht hornloser Charolais und prägte diese Zuchtrichtung in Deutschland damit maßgeblich. Aber er ist auch ein guter Rechner und immer offen für neue Ideen. So wurden über die Jahre auch andere Rassen im Betrieb getestet und mit diversen Kreuzungen experimentiert. Die Charolais sind geblieben – und eine kleine Herde Weißblauer Belgier, die die züchterische Basis für Kreuzungsanpaarungen zur Erzeugung von Endprodukten für die Mast und Schlachtung bildet. Nachdem der Betrieb vor 4 Jahren die Milchviehhaltung aus Kostengründen einstellte, wurden die Holsteinkühe durch Kreuzungen Charolais x Holstein ersetzt, die als Dreirassenkreuzung mit Blauweißen Belgiern angepaart und die daraus entstehenden Kälber ausgemästet werden. Für alle Mutterkühe im Betrieb gilt: Jedes Kalb bleibt zwischen 8 und 10 Monaten an der Mutter und wird bis zum Ende im Betrieb aufgezogen und ausgemästet. „Wir verkaufen nichts halbfertig!“, betonte Thomas Hopp. Auch an der Haltung und Fütterung wird geschraubt. Der Betrieb wirtschaftet mit alten Ställen, die nach und nach umgebaut und tiergerechter, aber auch arbeitswirtschaftlicher gestaltet werden. So konnte kürzlich eine Zertifizierung für die Haltungsstufe 3 erfolgreich abgeschlossen werden. Seit 4 Jahren wird im Betrieb kein Soja mehr in der Fütterung eingesetzt. Auch wenn Soja für Thomas Hopp nach wie vor eines der besten Futtermittel darstellt, kann er die Abholzung von Regenwald in Brasilien zugunsten des Sojaanbaus nicht mit sich vereinbaren und entschied sich bewusst dagegen. An der Mastration wurde gefeilt, seitdem etwas mehr Grassilage eingesetzt, gewisse Leistungseinbußen werden hingenommen. Die Mast erfolgt komplett auf Stroh. Färsen werden im Alter von 17 - 19 Monaten mit 320 - 350 kg Schlachtgewicht vermarktet, Bullen mit 15 - 17 Monaten und 420 - 450 kg Schlachtgewicht. Aus den Zuchtherden werden die besten Bullen zur Zucht angeboten und verkauft. „Der bestgekörte Bulle aus jeder Linie bleibt aber erst einmal bei mir und sichert hier den Zuchtfortschritt, erst danach wird er verkauft“, erläutert Thomas Hopp. Kunden nehmen gern diese Bullen, auch wenn sie nach dem ersten Deckeinsatz nicht mehr mit Schauqualität aufwarten können. Die Käufer schätzen die sichere Fruchtbarkeit und wissen um die selektierte Qualität! Sabine Schmidt Betriebsleiter Tomas Hopp, Kirch-Mulsower Agrar GmbH Charolais-Zuchtbullennachwuchs in der Kirch-Mulsower Agrar GmbH 51 Zucht Fleischrind

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