Rind und Wir - Dezember 2021

IN GEPOLSTERTEN SPORTSCHUHEN LÄUFT ES SICH BESSER! Einfluss der Körperkondition auf die Klauengesundheit Aufgrund der hohen Stoffwechselleistung gelten die heutigen Milchkühe als Hochleistungssportler. Doch statten wir unsere Profisportler im Kuhstall auch mit gut gepolsterten Sportschuhen aus? Klauenerkrankungen gehören weltweit zu den bedeutendsten Gesundheitsproblemen in der Milchrinderhaltung. Gesunde und belastbare Rinderklauen sind jedoch eine wesentliche Grundvoraussetzung für leistungsstarke und langlebige Kühe. In vielen Fällen wird angenommen, dass infolge einer Lahmheit die Kühe aufgrund der geringeren Futteraufnahme an Körperkondition verlieren (Huxley 2013). Zunehmend gibt es jedoch Erkenntnisse, dass der Zusammenhang zwischen der Körperkondition und der Lahmheit auch umgekehrt besteht. Als zentrales Ergebnis einer 44-monatigen Studie mit 1.510 Klauenbefunden zeigte sich, dass ein niedriger Body-Condition-Score (<2,5) zur Entwicklung von nichtinfektiösen Klauenkrankheiten bei Milchkühen beiträgt (Green et al. 2014). Wo drückt der Schuh? Der Grund für das Lahmheitsgeschehen bei Milchkühen mit einem niedrigen BCS wird in dem dünnen Ballenfettpolster der Klaue gesehen. Einen Großteil der Druckbelastung fängt die Rinderklaue aufgrund der Aufhängung im Klauenschuh auf. Der Hornschuh ist mit der vorderen Klauenwand über die Bindegewebsfasern der Lederhaut verbunden. In Folge des Klauenmechanismus sinkt das Klauenbein ab und drückt auf das Fettpolsterkissen im Ballen. So wie die Polsterung im Joggingschuh hat das Ballenfettpolster eine dämpfende Wirkung und schützt in erster Linie die darunterliegende Lederhaut der Kuh. Diese stoßdämpfende Wirkung nimmt ab, sobald die Milchkuh Körpersubstanz abbaut. Vor allem in der Frühlaktation, in welcher die Milchkühe ihren Erhaltungs- und Leistungsbedarf oftmals nicht über die Energiezufuhr durch die Futteraufnahme decken kann, mobilisiert die Kuh Körperfettreserven. Langzeitstudie bestätigt Risiko für Lahmheit Parallel dazu führte die Universität Nottingham von 2003 bis 2011 mit 200 HFKühen der Royal-Forschungsfarm des schottischen Rural College in Dumfries eine Langzeitstudie durch. Die Auswertung der umfangreichen Daten zeigte ebenfalls, dass Kühe, welche in den ersten vier Wochen nach der Kalbung sehr stark Körperfettreserven abbauen, ein signifikant höheres Risiko für zukünftige Lahmheiten im Vergleich zu Kühen hatten, die nur mäßig an Körperkondition verloren (Randall et al. 2015). Wiederholungstäter Lahmheit In einer weiteren britischen Studie wurden Lahmheitsergebnisse in zwei Herden mit insgesamt 1.040 HF-Kühen von 44 Monaten ausgewertet. In dieser wurde sich mit denVeränderungen des BCS und demWiederauftreten von früheren Lahmheiten beschäftigt. Daher stellen die Autoren die Hypothese auf, dass diese Erkrankungen von einer Laktation zur nächsten Laktation übertragen werden, was zukünftige Klauenerkrankungen wahrscheinlicher macht. Als mögliche Erklärung nennen die Autoren u. a. eine Überempfindlichkeit und eine Verringerung der Druckschmerzwellen als Folge einer Lahmheit (Randall et al. 2017). Lahmheiten bei Kühen sind immer multifaktoriell. Es wirken also zahlreiche Risikofaktoren wie z. B. Fütterung und Haltung stetig auf die Klauengesundheit ein. Zur frühzeitigen Problemerkennung bieten sich diese Studien zu regelmäßigen Körperkonditions- und Lahmheitsbeurteilungen an. Diese sollten monatlich erfolgen und in allen Gruppen durchgeführt werden. N. Harder Die regelmäßige und rechtzeitige Klauenpflege fördert das Tierwohl Gesunde Klauen sind das A und O von langlebigen Kühen 63 Neues aus der Wissenschaft

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