Die vergangenen zwei Jahre waren in vielerlei Hinsicht herausfordernd. Besonders an den Futtermittel- und Milchmärkten spielten sich nie dagewesene Szenarien ab. Welche Fütterungsstrategien und Entscheidungshilfe sich in diesen Zeiten bewährt haben? Lesen Sie selbst!

Mit Beginn der globalen Coronavirus-Pandemie 2020 und im weiteren Verlauf mit dem russischen Überfall auf die Ukraine Ende Februar 2022 geriet vieles aus den Fugen. So begann auch an den Futtermittelmärkten eine bislang nie gekannte Achterbahnfahrt, die zunächst nur eine Richtung kannte: nach oben. Neben der Kostenexplosion an den Rohstoffmärkten waren auch die zurückliegenden beiden Anbaujahre extrem herausfordernd. 2021 war insbesondere zum ersten Grasschnitt von sehr unbeständigem Wetter geprägt. Dies führte hinsichtlich der Grundfutterqualitäten zu einem sehr heterogenen Bild von sehr nassen Grassilagen mit hohem Risiko für Fehlgärung bis hin zu eher überständigen, faserreichen Silagen mit dürftigen Energiegehalten. 2022 war wieder ein extremes Trockenjahr mit massiven Ertrags- und Qualitätseinbußen bei Gras und Mais.

Preiswürdigkeit von Futtermitteln sicher ermitteln

Oft schwang daher die Frage nach der Preiswürdigkeit der eingesetzten Futtermittel mit und insbesondere der Einsatz von Zukaufsfuttermitteln wurde kritisch hinterfragt. Dabei umfasst die Einschätzung der wahren Preiswürdigkeit eines Futtermittels für den eigenen Betrieb mehr als den reinen Preisvergleich pro Energie- oder Proteineinheit.

  • Allem voran ist zu klären, inwiefern alternative Futtermittel überhaupt in die eigene Ration „passen“. Ambitionierte Suchen nach vermeintlich „günstigen Alternativen“ endeten daher oftmals wieder in einer Qualitätsentscheidung, da sich die Futtermittel untereinander oftmals recht zügig „einpreisten“. Musste aufgrund von Ertragseinbußen auf Grundfutteralternativen zurückgegriffen werden, z. B. in Form von Nebenprodukten, so spielte insbesondere die regionale Verfügbarkeit die entscheidende Rolle.

Wirtschaftlichkeit berechnen

Als Messgröße der Wirtschaftlichkeit, gerade in turbulenten Zeiten, hat sich das Einkommen nach Futterkosten, der sogenannte IOFC (engl.:  Income Over Feed Cost) bewährt. Der IOFC ist ein Maß für die Einnahmen, die nach Abzug der Futterkosten zur Verfügung stehen. Er berechnet sich aus dem Milcherlös (Milchpreis x Milchmenge) abzüglich den Futterkosten pro Tier und Tag. Maßgeblichen Einfluss auf den IOFC nehmen demnach sowohl der Milchpreis als auch die Futterkosten und die Milchleistung. Gerade zur Beantwortung der Frage, ob es rentabel ist, auch bei gestiegenen Preisen für Zukaufsfuttermittel diese weiterhin einzusetzen, gibt der IOFC schnell Aufschluss.

Analyse mit CNCPS

  • Nutzt man die IOFC-Berechnung in Kombination mit zeitgemäßen Futtermittelbewertungs- und Rationsberechnungssystemen wie z. B. dem CNCPS-Modell, können verschiedene Alternativszenarien präzise simuliert und gegeneinander abgewogen werden. Diese Vorgehensweise hat insbesondere in den letzten Jahren gezeigt, dass es wirtschaftlich zu keinem Zeitpunkt vorteilhaft war, bewusst Futtermittel einzusparen, die einen Rückgang der Milchleistung zur Folge hatten. Eher Gegenteil ist der Fall: viele Rationen bieten noch Potenzial zur Steigerung der Energie- und Nährstoffaufnahme, beispielsweise durch eine Erhöhung der Energiekonzentration. Wird durch die Nutzung dieses Potenzial zusätzliche Leistung erreicht, so wird damit in aller Regel auch zusätzliches Geld verdient.

Maximierung von Futteraufnahme und Futtereffizienz

Neben der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Futterkomponenten gilt es natürlich, von Seiten der täglichen Fütterungspraxis nichts dem Zufall zu überlassen. Die größten Hebel zur Steigerung einer gesunden und wirtschaftlich erfolgreichen Fütterung melkender Kühe bestehen in der Maximierung von Futteraufnahme und Futtereffizienz.

Futtereffizienz

  • Die Futtereffizienz gibt die Menge an Milch an, die pro gefressenem kg Futter-Trockenmasse erzeugt wird. Erfolgreich und effizient Füttern beginnt weit vor der eigentlichen Mischung der Ration. Es gilt die betriebliche Futtererzeugung in Gänze miteinzubeziehen, um noch ungenutzte Potenziale zu mobilisieren. Für die Silagebereitung bedeutet das, es beginnt bereits mit der Bestandsführung im Grünland bzw. der Sortenauswahl beim Silomais. Bei der praktischen Silierung sind jegliche Risiken zu minimieren, die einen optimalen Gärverlauf gefährden. Eine maximale Verdichtung ist das A und O und durch nichts zu ersetzen. Gerade das Auftreten von Schimmel ist ein sicherer Beweis für Lufteinschlüsse. Der Einsatz geprüfter Siliermittel sowie ein zeitnahes und sorgfältiges Abdecken nach der Befüllung ist ebenso entscheidend, um einen rasch einsetzenden Gärverlauf zu unterstützen.

Keine Kompromisse bei der täglichen Fütterung

Auch aus nährstoffreichen, qualitativ einwandfreien Futtermitteln gilt es in der praktischen Fütterung bedarfs- und gleichzeitig wiederkäuergerechte Rationen zu erstellen. Füttern wir einen Wiederkäuer, dann füttern wir vorrangig die Pansenbakterien. Und diese arbeiten am effizientesten, wenn es kontinuierlich in konstanter Zusammensetzung den Pansen erreicht, sodass der pH-Wert im Pansen möglichst konstant bleibt. Praktisch bedeutet dies: über den Tag verteilt viele Malzeiten einer Ration, die nicht selektiert wird. Neben einem ausgewogenen Verhältnis der schnellverfügbaren Kohlenhydrate (Zucker, Stärke, Pektine) können auch funktionelle Inhaltsstoffe wie Hefen und Puffersubstanzen die Pansenfermentation fördern und stabilisieren. Maximale Konstanz bei der täglichen Mischung der Ration ist unersetzlich.

Rationsstabilität

  • Eine der größten Herausforderungen ist die präzise Beladung des Futtermischwagens. Übernehmen dies Fremdarbeitskräfte, lohnt es sich, durch Schulungen oder Bonusmodelle für die Wichtigkeit dieser Aufgabe zu sensibilisieren. Auch ein technisch einwandfreier Zustand von Mischwagen und Entnahmetechnik ist unerlässlich. Der Trend zu homogenen Rationen mit kurzer Partikellänge ist ungebremst, dies verhindert selektives Fressen bestmöglich. Auch kleine Stellschrauben, wie beispielsweise die feine Vermahlung aller Kraftfutterkomponenten einschließlich grob pelletierter Futtermittel wie Trockenschnitzel- oder Schlempen verbessern das Fressverhalten und verhindern Selektion. Ebenso kann Wasser in der Ration hilfreich sein. Neben mehrmaligem Futteranschieben im Tagesverlauf und ausreichenden Restfuttermengen, steigert auch eine mehrmals tägliche Futtervorlage die Futteraufnahme zusätzlich.

Eine homogen gemischte TMR verhindert selektives Fressen

Nur eine homogen gemischte TMR verhindert selektives Fressen (Foto: Sano Agrarinstitut)

Fazit

Nicht ausschließlich, aber insbesondere in extremen Preisphasen wollen Investitionen wohl überlegt sein. Unter den besonders herausfordernden Marktbedingungen der zurückliegenden Jahre hat sich der IOFC als praxistaugliche ökonomische Kenngröße bewährt und gezeigt: Einsparungen auf Kosten der Leistung lohnen sich nicht. Vielmehr gilt es in der praktischen Fütterung „alle Register“ zu ziehen und alle Potenziale zur Steigerung von Futteraufnahme und Futterverwertung voll auszuschöpfen. So bleibt die deutsche Milchproduktion unter globalen Höchststandards auch für die Zukunft gerüstet.

Wollen Sie mehr zu Smart Dairy Nutrion wissen? Dann schauen Sie sich diesen Beitrag an.

Dr. med. vet. Norbert Göres
Sano – Moderne Tierernährung GmbH

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